Die dritte Ausgabe der begleitenden Podcast-Kolumne in The Gap steht anlässlich des Kinostarts von The Green Knight ganz im Zeichen unserer Lieblingsfilmschmiede A24.

In der Kolumne wie im Kino gilt: Ein guter Einstieg ist die halbe Miete. Bevor es gleich so richtig losgehen wird, schon mal die ungefähre Richtung vorgeben, Erwartungen schüren und im besten Fall Spannung erzeugen. Das geht mit bewegten Bildern zugegebenermaßen etwas einfacher als mit mitunter zum Holpern neigenden Wörtern – vor Filmstart reichen bereits einschlägige über Schirme und Leinwände ziehende Text-Bild-Kombinationen für ungezügelte Vorfreude. Ganz genau: die Rede ist natürlich von den Logos bestimmter beteiligter Produktionsfirmen und Filmverleihe. War etwa einem Film in den Neunziger und Nuller Jahren der Miramax-Schriftzug vorangestellt, konnte man sich versichert wissen, dass da gleich was Fabelhaftes kommen würde.

Gegenwärtig ist es insbesondere ein sich aus allen Himmelsrichtungen farbenfroh zu einem weißen Schriftzug zusammensetzendes Markenzeichen, das regelmäßig für Furore sorgt – mittlerweile weit über cinephile Zirkel hinaus. Ganz einfach, weil dieses leuchtende A24 der gleichnamigen Company aus New York mit guter Gewissheit etwas verheißt, das Hollywoods risikoscheues Studio-System mit seinen Sequels und Spin-offs, mit Stangenware aus den diversen Comic-Universen kaum noch bieten mag: Filmkunst, die bewegt und aufwühlt, die verwegen sein darf, ungezügelt und schwärmerisch, transgressiv und funkensprühend, gelegentlich auch hemmungslos gaga oder meta. Bloß nie: berechenbar oder belanglos. Entsprechend liest sich die Liste der A24-Titel seit der Firmengründung 2013, angefangen beim ersten Hit, dem quietschbunten Florida-Exzentrik-Exzess Spring Breakers, wie eine Liste der besten Filme der letzten Dekade. Schillernde SciFi-Extravaganzen wie Under the Skin und Ex Machina finden sich darauf ebenso wie feinsinnige (und oscar-prämierte!) Coming-of-Age-Stücke wie Moonlight und Lady Bird, formatsprengender Horror wie Midsommar und The Lighthouse oder neorealistische Sozialdramen wie American Honey und The Florida Project.

Herzensfilmschmiede mit nächstem Home Run

Ohne große Übertreibung ließe sich diese Aufzählung noch sehr, sehr lang fortsetzen. Weil für das A24-Ouevre in der Tat gilt: All killers, (almost) no fillers. Hier hat es eben die ultimative Verdichtung von Qualität, die dann möglich wird, wenn man kreative Könnerschaft von Barry Jenkins und Denis Villeneuve über Greta Gerwig und Yorgos Lanthimos bis zu Sofia Coppola und den Safdie Brothers nach ihrem Gusto herrliche Hirngespinste verwirklichen lässt. Aber wir wollen uns hier ja auch noch dem jüngsten Werk aus der Herzensfilm-Schmiede widmen, ebenfalls von einem bewährten Wegbegleiter des Unternehmens inszeniert: David Lowery. Verglichen mit dessen voriger Arbeit für A24, der impressionistischen Trauerstudie A Ghost Story, ist The Green Knight nun aus größerem Gestein gehauen. Einen Seitenstrang der Artus-Legende adaptierend begleitet das Mittelalter-Abenteuer einen Ritter der Tafelrunde, Artus‘ Neffen Gawain (Dev Patel), auf einer wahrlich speziellen Reise, in deren Verlauf dieser womöglich sich selbst finden kann, auf jeden Fall aber zum sagenumwobenen Grünen Ritter finden muss. Der ihn denn als Konsequenz eines unüberlegten Abkommens köpfen wird. Eine Frage der Ehre, auf die es keine angenehme Antwort gibt.

Angenehm wenig hat dieser irrlichternde, surreale Fantasy-Fiebertraum mit seinen rumwandernden Riesen und sprechenden Füchse dabei mit Artverwandtem wie Guy Ritchies schrecklichem King Arthur zu tun; vielmehr wirkt es so, als ob Lowery der Herr der Ringe-Reihe durch die Brille des visionären Phantasten Alejandro Jodorowsky (El Topo) einen inoffiziellen weiteren Teil hinzudichten wollte. Ein Eindruck, der durch die Beteiligung der einschlägigen Effekte-Bude WETA übrigens nur verstärkt wird. Nicht zuletzt wegen des erhöhten Budgeteinsatzes wirkt The Green Knight denn auch ein wenig so, als ob damit nach dem Einstieg ins Seriengeschäft (mit dem exzellenten Euphoria) ein weiteres neues Kapitel in der Geschichte von A24 aufgeschlagen werden könnte. Dass die Gründer Daniel Katz und David Fenkel nun auch noch Schritt für Schritt die gleichförmige Blockbuster-Welt erobern und nach ihren Regeln umgestalten möchten. Mit Produktionen, die auf unwiderstehlich aufregende Art und Weise neben der Spur liegen. Und damit immer wieder aufs Neue goldrichtig.