Halloween Overkills: Evil Gummigesicht Michael Myers ist wieder mal zurück – und mit ihm leider auch die Sorte öde Over-the-top-Fortsetzung, die das Franchise schon öfter beinahe zerstört hätte.

Darum geht’s: Zurück zum Ursprung. Ein Patentrezept für radikale Kehrtwenden, anwendbar im Handel wie in Hollywood. Im Filmbereich gilt es besonders dann als legitim, wenn sich eine Reihe oder Idee bereits so aussichtslos verrannt hat, dass ein Drücken auf den Reset-Knopf tatsächlich den letzten Ausweg darstellt. Beim einst ruhmreichen Halloween-Franchise war dies vor etwa einem Jahrzehnt der Fall, so wie es mit dem grausamen Reboot-Doppelpack von Regie-Poser Rob Zombie die wirklich aller letzten Reste Würde und Kredibilität verspielt hatte.

Als sich anno 2018 dann David Gordon Green dran machte, den Proto-Psycho Michael Myers ein weiteres Mal mit William-Shatner-Maske meuchelnd durch die herbstlichen Straßen von Haddonfield zu schicken, lag die Latte bereits entsprechend niedrig. Dass aber ausgerechnet der bis zu jenem Zeitpunkt eher als Spezialist für intime Indie-Dramen und ungezügelte Kiffer-Komödien bekannte Regisseur so viel riskieren und damit so viel richtig machen würde, erstaunte dennoch. Greens Gamble: Er war im Tandem mit Partner in Crime und Co-Autor Danny McBride sowie mit Segen (und Soundtrack!) von Halloween-Godfather John Carpenter einfach komplett zurück zur Quelle gegangen, um den Kanon dieses Ur-Slasher-Universums so schmal wie nur irgend möglich zu interpretieren und nach dem Prinzip Tabula Rasa absolut alles zu negieren, was sich nach dem Original aus 1978 zugetragen hatte.

Ganz ohne den Rucksack der vielen, vielen haarsträubenden Handlungsentwicklungen setzte Green die Handlung einfach exakt 40 Jahre nach jener verhängnisvollen Halloween-Nacht an, und hatte mit diesem Zugang endlich auch wieder Jamie Lee Curtis in der Rolle der Laurie Strode an Bord. Das ultimative Final Girl der Filmgeschichte sollte sich, immer noch geplagt, aber eben auch gründlich gestählt von den traumatischen Ereignissen, denn nicht grade unerwartet gleich wieder im Kampf gegen das erzböse Gummigesicht wiederfinden, vor dem nunmehr auch Tochter und Enkeltochter nicht mehr gefeit waren. Und weil dieser Neustart zwischen Remix und retroseliger Reverenz nicht bloß gewitzt erdacht, sondern, quasi den ursprünglichen Geist atmend, auch wohltuend minimalistisch und atmosphärisch zwingend umgesetzt war, reckte nach dem Abspann nicht zuletzt sogar Carpenter himself die Daumen nach oben.

Umso mehr nimmt es nun jedoch Wunder, dass Green für das obligatorische Sequel all die erwähnten Tugenden über Bord geworfen, sich dafür ohne Not aber so ziemlich jeden Fehler minderwertigerer Franchise-Einträge neu aufgeladen hat. In schauderhaftester Halloween-Tradition ist diese Fortsetzung im Vergleich zum bisher Gesehenen nachgerade schmerzhaft missraten – auch wenn der Plot direkt nach dem Ende des Vorgängerfilms weitergeht, wähnt man sich hier in einem ganz anderen Schiff. Hier stimmt nahezu nichts: Nicht die sinnlos zerklüftete Struktur mit ausladenden, hölzernen Rückblenden, nicht die Entscheidung, dass nun hauptsächlich uninteressanteste Nebenfiguren im Mittelpunkt stehen, die als aufgescheuchter Mob auf Michael- und Monsterjagd gehen, und schon gar nicht der ewige Kurzschluss, lieber auf generische Gewalt- und Gore-Exzesse (auf die Carpenter damals bekanntlich beinah komplett verzichtet hatte) zu setzen statt auf stimmige Spannungsbögen.

Während Jamie Lee Curtis‘ Protagonistin, eben noch als wehrhafte Waffen-Omi neu erfunden, dabei lediglich beobachtend und untätig an der Seitenlinie stehen (bzw. im Krankenhaus liegen) darf, kommt man nicht umhin, den Kern des Übels in einem eklatanten Konstruktionsfehler zu vermuten: Da Halloween Kills als Mittelteil einer beschlossenen Trilogie konzipiert wurde, blieb David Gordon Green zumindest nach eigenem Empfinden kaum anderes übrig, als erst einmal mit blutverschmierten Boots auf der Stelle zu treten, das Geschehen derweil mit unzähligen peripher Beteiligten im Chaos versinken zu lassen, um dann genau in einem Jahr in Halloween Ends alles in einem glorreichen final showdown zwischen Laurie und Michael kulminieren lassen zu können. Blöd allerdings, wenn solcherlei „killing time while killing people”-Albereien zugleich jeglichen zuletzt erst mühsam wieder erarbeiteten Goodwill so tiefgreifend auf Spiel setzen, dass man sich im nächsten Herbst dreimal fragen wird, um man sich den gemeinsamen Marsch über die Ziellinie überhaupt noch antun möchte.

Besondere Beachtung: Stellvertretend für das üble „Mehr ist weniger“-Gschmäckle, das Halloween Kills hinterlässt, steht leider auch der Score. Das an sich unkaputtbare, reduzierte Synth-Thema von John Carpenter wurde vom Maestro zusammen mit Sohn Cody nämlich dermaßen im Bombast ertränkt, dass jedes Gänsehaut-Gefühl auf der Strecke bleibt.

Koordinaten: Halloween (1978); Halloween (2018); Halloween Resurrection

Anschauen oder auslassen? Auslassen. Zumindest, wenn man sich wohlwollende Erinnerungen an den 2018er Halloween nicht nachträglich trüben möchte. Diesen unverhohlenen Brückenfilm hier, der mit viel Gemetzel und wenig Grusel einfach nur Zeit (sowie einige Nebencharaktere) totschlagen bis zum finalen Trilogie-Teil möchte, kann man sich getrost sparen. Dann wird man Halloween Ends zumindest noch mit mancher Vorfreude entgegenblicken können – freilich die Hoffnung miteinkalkuliert, dass Regisseur David Gordon Green dafür noch die Kurve kriegt.